Chancen und Grenzen alternativer Kommunalpolitik in Wien – ein historischer Überblick

Chancen und Grenzen alternativer Kommunalpolitik in Wien – ein historischer Überblick (PDF)

Joachim Becker and Andreas Novy

University of Economics and Business Administration
Vienna, Austria


Abstract


Rotes Zürich, Rotes Wien ... Die zwanziger Jahre waren die Blütezeit alternativer lokaler Staatsprojekte. Heute sind sie zwar nicht der Vergessenheit anheimgefallen, aber es folgten in der Nachkriegszeit keine neuen lokalen Experimente. Erst als sich die nächste große Krise abzeichnete, nämlich gegen Ende der 70er Jahre, begann die Diskussion über alternative Entwicklungsstrategien “von unten” erneut – wenngleich auch mit weit weniger spektakulären und kontroversen Modellen als in der Zwischenkriegszeit. Die Höhen und Tiefen autonomer lokaler Regulation führen zur Frage, unter welchen Bedingungen die locale von der nationalen Regulation abweichen kann. Wir wollen uns dieser Frage mit einem historisch-geographischen Ansatz annähern, mit welchem Ökonomie und Politik integriert untersucht werden. Hierbei stützen wir uns auf die Regulationstheorie, die in den 70er Jahren in Frankreich entstand. Dieser ging es zunächst vornehmlich um die Analyse einer stabilen und regional relativ homogenen Entwicklungsweise der Nachkriegszeit, welche in Anlehnung an Antonio Gramsci “Fordismus” genannt wurde (Gramsci 1971: 277 ff.).

Die Regulationstheorie hat einen strukturellen Forschungsansatz, der für die Analyse stabiler Phasen gut geeignet ist. Sie betont aber, daß sich soziale Formationen aus Krisen und Konflikten entwickeln (cf. Hirsch 1990: 17, Théret 1992: 189). Vor allem in “großen Krisen” ist die Situation relative offen (de Bernis 1983, Fiori 1995, Hirsch 1992: 230 ff..), und es kommt zu massiven Auseinandersetzungen über die konkrete Ausgestaltung struktureller Formen. Die regulationstheoretische Kernthese lautet, daß die von verschiedenen Akteuren verfolgten Akkumulationsstrategien bestimmter struktureller Formen der Regulation bedürfen (Aglietta 1987, de Bernis 1983) - und zwar des Staates, der Geldbeschränkung, des Lohnverhältnisses, der Wettbewerbsform. Im strukturellen Gefüge ist der Staat zentral, da er sowohl Objekt der Regulation als auch Akteur der Regulation ist (Lipietz 1985: 11, Jessop 1990: 315 ff., Cox 1987: 105). Als Akteur sanktioniert er die anderen strukturellen Formen. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen bedürfen der Sanktion des Staates, um die von ihnen betriebenen Veränderungen der strukturellen Formen zu stabilisieren. Wie der Zugang zum Staat strukturiert ist und welche territoriale Gestalt die staatliche Organisation annimmt, strukturiert das Feld politischer Konflikte. Die Kämpfe können in ein neues stabiles Akkumulationsregime und eine hegemoniale Odnung münden, wobei wir unter Hegemonie eine Form der Herrschaft verstehen, die vorrangig auf Konsens und der aktiven Unterstützung zentraler Teile der Zivilgesellschaft basiert. Andere Formen von Herrschaft, wie Klientelismus bleiben zumindest latent vorhanden (Jessop 1990: Kap. 7). Während Hegemonie auf einem kohärenten Akkumulationsregime aufbauen muß, können andere, eher repressive Formen der Herrschaft wichtig sein, um ein stabiles Akkumulationsregime überhaupt erst zu installieren (Gramsci 1971: 161).

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